EQ, Equalizer, Frequenzbereiche und die richtige Anwendung

In vielen Musik-Produktionen am PC wird der Equalizer meist nur vereinzelt eingesetzt, zur schnellen Korrektur von einzelnen Klangelementen. Schade, denn sie sind DAS entscheinende Klangwerkzeug, wenn es um einen fetten Sound geht. Eine kleine Einführung in die Welt des EQings.
Was eine amtliche Produktion von einer Homerecording-Produktion unterscheidet, das sind nicht unbedingt die vielen teuren Effektgeräte, der letzte Schrei an antiken Röhren-Kompressoren oder die beheizbaren Kabel (für einen wärmeren Klang...). Wenn wir von rein elektronischer, sample-basierter Musik ausgehen, ist es das vor allem der Einsatz von Equalizern, der für einen satten Gesamtklang sorgt.
Viele Homerecordler glauben, daß sie mit 24-bit-Bearbeitung und den allerneuesten psycho-akustischen PlugIns den Erfolg in der Tasche haben. Dies ist ein Irrglaube, denn eine ausgewogene Frequenzverteilung fällt immer sofort positiv auf. Feinheiten wie z.B. die Nachhallzeit des Reverbs auf der Snare werden erst bei genauerem Hören wahrgenommen.
Um mehrere EQs in Echtzeit einsetzen zu können, braucht man einen sehr schnellen PC, der es erlaubt, bis zu 16 EQs gleichzeitig einzusetzen. Ab einem Pentium-III-Prozessor (500 Mhz) ist dies schon möglich. Ansonsten gibt es inzwischen viele Soundkarten auf dem Markt, die EQs und Effekte per Hardware zur Verfügung stellen (s. unter Soundkarten).

Die verschiedenen Frequenzbereiche

Bei etwa 16 hz liegt die sog. Hörschwelle. Alles darunter kann nicht mehr vom Ohr wahrgenommen werden. Diese Töne werden meist nur bei hoher Amplitude vom Körper "gefühlt" und sind nur durch Subwoofer reproduzierbar, nicht aber durch normale HiFi Boxen. Fälschlicherweise wird immer vermutet, dass man auch tiefe Frequenzen gut wahrnehmen könnte, was man aber in wirklichkeit hört, sind die Obertöne eines tiefen Klangs.
Ab 60 hz beginnt der musikalisch sinnvoll verwertbare Bereich. Ein anheben von Frequenzen unterhalb der Grenze kann unangenehmen Nebeneffekte bei der summenkomprimierung verursachen. Dieser Frequenzbereich sollte in einem Mix nur punktuell vorkommen, z.B. bei Effekt-Sounds wie Explosionen oder extremen Tiefpaß-Filtern.
Bei ca. 80 hz beginnt der Sub-Bass-Bereich. Es handelt sich um einen Bereich, der bei modernen Stilrichtungen quer durch den Dance-Bereich von der Bassdrum, vereinzelt auch von der Bassline gefüllt werden sollte. Vor allem in Clubs wird dieser Bereich wahrgenommen und regt (hoffentlich) zum Tanzen an.
Je tiefer die Frequenzen sind, desto schwieriger ist es für das Ohr, zwei voneinander verschiedene Töne zu unterscheiden. Der entstehende Überlagerungs-Effekt wird als Masking bezeichnet. Es bedeutet, daß bei zwei konkurrierenden Instrumenten das Leisere vom Lauteren "verschluckt" wird. Deshalb sollten Bassdrum und Bassline nie ganz weit unten angesiedelt sein. Im Normalfall belegt die Bassdrum hauptsächlich den Bereich zwischen 80 und 130 hz, darüber ist die Bassline angesiedelt.
Bei etwa 100 hz beginnt der Frequenzumfang der menschlichen Stimme. Alles darunter besteht fast immer aus Plopp-Geräuschen, Trittschall oder Wind bzw. Atmen. Irgendwo zwischen 200 und 400 hz liegt die sog. "Proberaum-Frequenz". Wenn ein Mix trotz voller Höhenpräsenz mumpfig und matschig (zur Demonstration: Einmal bitte die Hand auf denMund legen und dabei einen Satz sprechen) klingt, sollte man mal versuchen, hier etwas abzusenken. Für die Bassdrum empfielt sich oft: Um die 80 hz Bässe anheben, bei 200-400 hz absenken, falls sie mächtiger klingen soll.
Zwischen 1000 und 1600 hz liegt der sog. Telefon-Bereich. Bei Telefongesprächen ist vor allem dieser Bereich stark besetzt. Wenn ein Track ein wenig nach Telefon klingt (also etwas klirrend), sollte man einmal versuchen, diesen Bereich per EQ etwas abzusenken.
Dies ist übrigens ein guter Zeitpunkt, auf das Phänomen "Frequenzloch" hinzuweisen: Man nehme einen beliebigen Song aus einer CD und drehe einen bestimmten Frequenzbereich (am besten einen schmalen Bereich irgendwo zwischen 200 und 300 hz) völlig heraus und höre den Klang an: Genauso hört sich ein Frequenzloch an. Dieses Problem tritt auf, wenn man zu beherzt bestimmte Frequenzbereiche absenkt.
Bei 2-4 khz liegt die empfindlichste Stelle des Gehörs. Diesen Frequenzbereich empfindet man als am lautesten. Alles darunter und darüber wird - bei gleicher Lautstärke - als subjektiv leiser emfunden.
Schließlich liegt bei 4-5 khz auch die sog. "Walkman-Frequenz". Das sind die Frequenzen, die man hört, wenn z.B. in der U-Bahn das Gegenüber den Walkman bis auf Anschlag hochgedreht hat. Man hört hier zumeist Hihat, Becken und Teile von Snaredrum und einzelne Wortfetzen. Schlußfolgerung: Die Hihats sollten hier präsent sein, um nicht zu dünn zu klingen . Und wenn der Mix schön agressiv klingen soll, kann man bei der Snare und/oder der Stimme etwas Saft hinzugeben.
Die Höhen zwischen 6 und 8 khz werden vom Ohr oft als etwas "schneidig" und "beißend" wahrgenommen. Schepprig klingende Hihats haben hier oft eine starke Ausprägung, genauso wie das typische, unbearbeitete TR-909-Becken (im Internet oft als "open[1-4].wav" zu finden). Hier sollte man nicht zu beherzt zugreifen, sondern kann auch ruhig mal etwas absenken, um den Mix etwas gefälliger und geschmeidiger klingen zu lassen. Aber Vorsicht auch hier vor Frequenzlöchern (s.o.)!
Ab 9 khz beginnt der seidige "Höhenfilm", der für angenehme Präsenz und subjektive Tranzparenz sorgt. Wenn mann hierzu stark anhebt, kann es aber passieren, daß die Hihats zu sehr inden Vordergrund treten, vor allem, wenn in diesem Frequenzbereich sonst nicht viel passiert. Anhebung in diesem Bereich bei Instrumenten mit großer Stereo-Breite sorgt für einen "spacigen", "schwebenden" Klang.
Ab 11 khz kann man fast ausnahmslos Gas geben, denn erfahrungsgemäß haben viele Mixes hier zu wenig Präsenz, oft auch, weil durch viel Resampling oder Samples mit zu niedriger Samplerate viel verlorengegangen ist. Oft findet man die schönsten Samples irgendwo im Internet mit nur 22.050 hz aufgenommen.
Irgenwo in diesem Frequenzbereich spielt sich auch ein unangenehmes Problem ab: Rauschen. Viele Melodie-Instrumente wie Vibraphone oder diverse FM-generierte Sounds geben hier nur noch Rauschen ab. Dann sollte man auch mal mit gutem Gewissen einen Tiefpaß-Filter anwenden, der über einem bestimmten Bereich alles gnadenlos abschneidet. Man entfernt zwar dann auch Höhenanteile des eigentlichen Instruments, die aber oft deutlich unter der Präsenz des Rauschens liegen. Manchmal gehört aber ein gewisser Rauschanteil zur Charakteristik des Instrument. Einige Synthie-String-Sounds wurden extra mit einem gewissen Rauschanteil generiert, der dann durch einen Filter gejagt wurde, um eine Art von "Sweep"-Effekt zu erzeugen.
Ab 15 khz versagt dann das menschliche Gehör, mit zunehmendem Alter sogar noch weiter unten. Häufiger Disco-Besuch, stundenlange Sessions im Probraum ohne Ohrenstöpsel, Walkman-Hören mit voller Lautstärke, Rauchen, Alkohohl, Sex mit Minderjährigen, Fahren ohne Führersch....
Im Ernst, wenn das Ohr hörbar vor sich hinpfeift, ist das kein gutes Zeichen und verschiebt auf die Dauer die Hörschwelle deutlich nach unten. Aber auch Frequenzen im Bereich der Hörschwelle werden "irgendwie" noch wahrgenommen und sorgen im Mix für eine gewisse Lebendigkeit und Lebhaftigkeit.

Die verschiedenen Arten von EQs

Für jeden Equalizer gibt es zwei Parameter, die seine Wirkungsweise festlegen: Der zu beeinflussende Frequenzbereich und ein Wert, der festlegt, wie stark dieser Bereich beeinflußt (angehoben oder abgesenkt) wird.
Bei dem klassischen 3-Band-EQ wird der Frequenzbereich in 3 Bereiche aufgeteilt: Bässe, Mitten und Höhen (engl.: Bass, Middle, Treble). Hier ist fest vorgegeben, wie breit der Bereich ist, der lautstärkemäßig verändert werden soll. Typische Beispiele sind die EQs an vielen HiFi-Geräten, meist am Verstärker.
Man kann die Bänder aber auch präziser aufteilen, so daß das gesamte Frequenzspektrum z.B. in 10 verschiedene Bänder unterteilt ist. Während der 3-Band-EQ (als Hardware-Variante) dann meist durch Drehregler gesteuert wird, wird bei sog. "graphischen EQ" oft durch aneinander gereihte Schieberegler gesteuert. Der graphische EQ ist vor allem für Einsteiger gut geeignet, Klangveränderung durchzuführen, da er sehr übersichtlich und einfach zu bedienen ist. Nun wollen wir hier aber etwas tiefer einsteigen:
Wenn man z.B. den Schieberegler "6-7 khz" nach oben bewegt, bewirkt das nicht, daß exakt alle Frequenzanteile von 6-7 khz genau um den Wert angehoben werden, sondern es gibt einen bestimmten Wert, an dem die Anhebung am höchsten ist, die sog. "center frequency". Je weiter sich das Frequenzspektrum von diesem Mittelwert entfernt, desto geringer ist die Anhebung. Dieser Abfall der Frequenzanhebung verläuft glockenförmig.
Diese Graphik zeigt die Bedienungsoberfläche des Waves Paragraphic EQ. Es handelt sich um ein sog. parametrischen EQ. Dies ist die präziseste Form des Equalizers. Er erlaubt die freie Wahl des zu verändernden Frequenzbereich, der Stärke der Anhebung/Absenkung und der Breite des beeinflussten Bereiches. Im Gegensatz zur Hardware-Variante erlauben viele Software-PlugIns die graphische Darstellung der Klangveränderung, was das Verständnis für die Wirkungsweise eines EQs erhöht.
Die "center frequency" ist durch ein Kreuz markiert. Sie wird im Feld "freq" angegeben. "Gain" besagt, wie stark dieser Frequenzbereich angehoben (positiver Wert) oder abgesenkt (negativer Wert) werden soll. "Q" schließlich gibt an, wie stark die Frequenzen jenseits der "center frequency" beeinflußt werden. Ein geringer Wert bedeutet, daß eine sehr breitbandige Frequenzanhebung erfolgt. Ein besonders großer Wert führt dazu, daß nur ein ganz kleiner Frequenzbereich beeinflußt wird.
Ein parametrischer EQ ist vor allem notwendig, um Resonanzen zu entfernen: Besonders bei Drum-Sounds ist manchmal ein einzelner Ton zu hören, der mitschwingt und der unerwünscht ist. Um ihn zu finden, wird ein sehr schmalbandiger Frequenzbereich stark angehoben (also ein hoher Q-Wertund ein hoher Gain-Wert). Wenn man nun die "center frequency" langsam von 20 khz abwärts gleiten läßt, hört man ein "Sweepen".Das ist ein Pfeifton, dessen Tonhöhe immer tiefer wird, je geringer die "center frequency" wird. An den Stellen, an denen Resonanzen auftreten, tritt der Pfeifton deutlich hervor, da ja die vorhandene Resonanz in diesem bestimmten Frequenzbereich nochmals verstärkt wird. Nun kann man "gain" ganz nach unten ziehen und die jeweilige Resonanz wird entfernt.
Diese Technik heist "Sweepen" und verdeutlicht, wozu man einen Parametrischen EQ braucht: Ein graphischer EQ arbeitet einfach nicht präzise genug, um besonders schmale Frequenzbänder zu beeinflussen.

Das A/B-Hören bzw. Querhören

Eine sehr gute Methode, um eine ausgeglichene Frequenzverteilung zu überprüfen, ist das sog. A/B-Hören.Es bezeichnet das vergleichende Hören zwischen zwei verschiedenen Produktionen. Man vergleicht also den Sound der eigenen Produktion mit anderen Produktionen.
Dazu empfehlen sich vor allem aktuelle Produktionen aus den Charts, denn dort kann man sich sicher sein, daß viel Aufwand getrieben wurde, einen optimalen Sound zu bekommen. Wichtig ist hierbei auch, daß man als Quelle die Original-CD des Künstlers benutzt. BeiCD-Compilations (Best of ABC, Chart-Hits XYZ u.s.w.) wird gelegentlich nachträgliche Klangbearbeitung durchgeführt (nochmalige Summen-Kompression, Lautstärke-Angleichung, EQing, gar Überspielungsfehler u.s.w.), so daß Originaltreue nicht immer gewährt ist.
MP3s aus dem Internet sollte man keinesfalls zum A/B-Hören verwenden. Abgesehen von dem Qualitätsverlust durch Datenreduktion - oft noch durch schlechte Kompressions-Algorithmen verursacht - sind Überpielungsfehler hier an der Tagesordnung.
Wichtig ist es außerdem, daß beide Quellen die gleiche Lautstärke haben. Außerdem sollte man sich beim A/B-Hören nicht davon täuschen lassen, daß die andere Produktion einen breiten Stereo-Sound besitzt, wenn der eigene Mix noch nicht mit Effekten versehen worden ist. Hier kann man einfach beide Quellen im MONO-Modus vergleichen.
Man sollte beide Quellen im schnellen direkten Zugriff haben. Dies ist meist kein Problem, da viele Hifi-Verstärker einen Regler zum Umschalten besitzen. Optimal ist hier eine Soundkarte mit 4 Ausgängen, denn so ist zusätzlich gewährleistet, daß die D/A-Wandler die gleiche Qualität besitzen. Denn es kann gut möglich sein, daß ältere oder billige CD-Player schlechte Wandler besitzen, die zu einer Verfälschung der Wiedergabe führen.
Man merkt, wie wichtig es ist, beim A/B-Hören Klangverfälschungen zu vermeiden. Denn was nützt einem das stundenlange Zurechttrimmen des Sounds, auf daß sie klingen möge wie die Lieblings-Produktion, wenn diese Produktion dann verfälscht wiedergegeben wird?
Der eigentliche Sinn des A/B-Hörens besteht darin, zu vermeiden, daß das menschliche Gehirn sich automatisch auf den aktuellen Sound einstellt. Wenn man beispielsweise den Höhen-Regler der Stereo-Anlage(zu) weit aufdreht, ihn dort für ca. 10 Minuten läßt und dann wieder zurückstellt, klingt der Sound auf einmal dumpf, wenn der Regler wieder auf seiner gewohnten Position steht. Nach kurzer Gewöhnungszeit empfindet man den Sound wieder als normal. Ein sogenanntes "absolutes"Gehör besitzen die wenigsten. Deshalb ist es moralisch keineswegs verwerflich, den Sound "abzukupfern". Es ist vielmehr sogar notwendig, eine Sound-Referenz zu haben, an der man seine eigene Produktion vergleichen kann.
(Quelle: Homerecording.de)

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